Mai 262018
 

»Ein Leben« zeigt die Kollision von Wahrheit und gesellschaftlicher Rücksicht

»Das Leben«, so lautet der Satz, in dem Stéphane Brizés Verfilmung von Maupassants großem Roman »Une Vie« schließlich erstarrt, »ist nie so gut oder schlecht, wie man glaubt.« Jeanne, eine junge Adlige, kehrt nach Jahren klösterlicher Erziehung auf den Landsitz ihrer Eltern zurück. Sie heiratet unglücklich; ihr Mann Julien, der sie betrügt, wird vom eifersüchtigen Nachbarn umgebracht. Jeannes Vater stand ihr bloß zaghaft bei, ihr Sohn Paul verlässt sie gen England, wo er eine Prostituierte heiratet und sich in allerlei desaströse Geschäfte involviert. Von einem Leben der Lügen und Zweideutigkeiten gezeichnet, beginnt Jeanne an der Ehrlichkeit seiner Nachrichten zu zweifeln, bis sie einen unumstößlichen Beweis erhält. Es sind nicht die Ereignisse, die einen hieran packen, es ist das Innere der Heldin. Diese Innerlichkeit gibt den Schlüssel, diesen Film zu verstehen – sein Schauspiel, seine Diktion, seine Erzählform, seine bildästhetischen Mittel. Continue reading »