Jan 312014
 

Man weiß, daß die Talsohle einer Debatte erreicht ist, wenn Josef Joffe sich an ihr beteiligt. Dieser arme, alte und dennoch stets ambitionierte Mann, dessen Texten anzumerken ist, daß er mit jeder Formulierung gekämpft hat, liegt immer falsch, selbst dann, wenn er, wie weiland in der Angelegenheit um Grass, versehentlich auf der richtigen Seite steht. Aber meist steht er auf der falschen Seite, weil er ein Drei-Groschen-Junge des bundesdeutschen Spätkapitalismus ist, der die Drei-Groschen-Märchen dieser Gesellschaft tatsächlich glaubt. Die dadurch entstehende Kluft zwischen ihm (Joffe) und den Tatsachen muß logischerweise überbrückt werden, und da Josef Joffe nie was einfällt, fallen ihm meistens doch die Nazis ein.

Eine Petition gegen Lanz, die – wie der Journalist Niggemeier anmerkt – keine Rechtskraft besitzt, sondern tatsächlich nicht mehr als die organisierte Vermehrung einer Meinungsäußerung ist, bringt Joffe so gegen die Unterzeichner auf, daß er historisch wird. Er bemüht den Vergleich zum »Ostrazismus«, wie er, weil er kein Griechisch kann, das antike Scherbengericht nennt. Setzt also die begründete Kritik gegen Markus Lanz und seine Sendungen mit der Verbannung von Staatsbürgern der griechischen Poleis gleich (die nämlich einen ungeheuerlichen Einschnitt im Leben der Betroffenen bedeutete, weil jenseits der Poleis keinerlei rechtliche oder militärische Sicherheit des nackten Lebens gegeben war). Und als ob das nicht schon instinktlos genug wäre, gockelt sich Joffe zum Kitt aller Kitte hoch: dem NS-Vergleich, der wie gewöhnlich als Plombe herhalten muß, wenn der inkriminierte Vorgang selbst nicht anstößig genug ist.

»… in analogen Zeiten hieß es: ›Kauft nicht beim Juden!‹ Heute ist die Verwünschungskultur digital«, schreibt er in dem von ihm mit-verbrochenen Blatt DIE ZEIT. Das nämlich ist, was an den Nazis verwerflich war: daß sie jahrelang fünf Tage die Woche von dummdreist-naßforschen Meinungsmachern jüdischer Abstammung drangsaliert wurden, um dann zum ungeheuerlichsten Mittel aller Zeit zu greifen: einer Petition. In Joffes Welt sind alle Katzen braun und alle Braunen Kätzchen.

Man sollte kennen, wovon man schreibt. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen der Abneigung gegen Lanz und dem Haß auf Juden ist der simple Sachverhalt, daß einer einen nicht leiden kann. Wem bei Lanz die Judenverfolgung einfällt, dem fällt sie immer ein. Daher bleibt mir nichts als selbst eine Petition zu schreiben: Leute, wehrt Euch. Kauft nicht die ZEIT.

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