Aug 182014
 

Gelegentlich trifft man dann doch einen, der sich genauso aufführt, wie passionierte Antizionisten es von ihren Feinden insgesamt behaupten. Jennifer Nathalie Pyka nämlich, unbeirrbare Aktivistin der Springerjugend, die ihren Blog unter dem aufschlußreichen Titel »Ahnungslosigkeit trifft Größenwahn« betreibt, hat eine nicht minder engagierte Anna Neubert ausfindig gemacht, die ihr Leben damit verbringt, Juden zum Christentum zu bekehren. Das ist in der Tat ein merkwürdiges Hobby, und jemand, der ihm nachgeht, hätte kaum Anspruch, zum Kreise der Ungestörten gezählt zu werden. Was Pyka dazu einfällt, ist allerdings dies:

»Trotzdem halte ich es mit dem Berliner Rabbiner Dr. Chaim Rozwasky, der das Motiv der Wahnkranken für Jesus folgendermaßen umschreibt: ›Und ob man einen Juden in der Gaskammer tötet oder durch Konversion – in beiden Fällen ist er als Jude tot.‹ Nun ist es nicht schwer, einen Preis nicht anzunehmen. Etwas unüberschaubarer wird es, wenn ungewollt Preise erfunden werden, die auf den eigenen Namen laufen und anschließend willkürlich an Geisterfahrer vergeben werden, die an der ›behutsamen‹ Dezimierung des jüdischen Volks arbeiten. Meinen Namen für die Vermarktung von Zyklon B zu nutzen, wäre dahingehend nur unwesentlich charmanter.«

Läßt man den vermutlich ebenfalls unwesentlichen Unterschied zwischen der freiwilligen Handlung einer Konversion und der Lage, einem mörderischen Zwang unterworfen zu sein, beiseite und übersieht ferner, daß die Gleichsetzung des Zurückdrängens einer Religion mit der physischen Vernichtung von Menschen tatsächlich nichts anderes als die Verharmlosung eines Völkermords bedeutet, bleibt immer noch die Rohheit, mit der vorgeblich liberal orientierte Menschen über das Individuum hinweggehen. Nichts anderes tut Rozwasky, wenn er nahelegt, daß das eigentliche Drama am Holocaust nicht sei, daß Menschen aufgrund der unveräußerlichen Eigenschaft, Jude zu sein, dahingemordert wurden, sondern daß der jüdische Glaube damit viele Anhänger verloren hat. Wer so redet, setzt das kollektive Recht über das individuelle und die religiöse Borniertheit über die menschlichen Bedürfnisse. Dem ist eine Kirche wichtiger als ihre Mitglieder.

Daß die Pykersche eitel genug ist, sich und diese alberne Affäre um die Neuberin in diesen weltgeschichtlichen Kontext zu zerren, ist dann freilich noch weniger zu fassen oder, wie sie in ihrer Vorliebe für ulkige Konstruktionen unzweifelhaft würde geschrieben haben: noch etwas unfaßbarer.

Sorry, the comment form is closed at this time.