Okt 022014
 

Ringelnatzens »Bumerang« wäre wahrscheinlich das komischste Gedicht aller Zeiten. Allein das Weglassen der Artikel vor »Bumerang« und »Publikum« ist ein Meisterstück, das die debile Wirkung des doppelten Anapästs (»Bumerang | flog ein Stück«) sowie des im Anschluß evozierten Bildes von stundenlang auf einen davon gesegelten Bumerang wartenden Zuschauern ins Maximum steigert.

Es bleibt daher unerklärlich, warum das Gedicht statt seiner starken vier Verse noch zwei einleitende hat. Verse, die den Witz unnötig strecken, indem sie den vergeblichen Versuch unternehmen, das epische Bedürfnis nach Herleitung des Geschehens (»War einmal ein Bumerang …«) und das philologische Bedürfnis nach seiner Begründung (»War ein weniges zu lang«) im Gedicht mit unterzubringen. Man erfährt also, daß der Bumerang, der damals nicht zurückgekommen ist, damals auch da war, und daß er nicht ohne Grund nicht zurückgekommen ist. Derart ins Szientifische gestoßen, wird man kaum befriedigt sein.

Das Gedicht wirft Fragen auf. Um wieviel Zentimeter war er denn nun zu lang? Und wann war er genau, der Bumerang? Wo war er? War er am linken Ende oder am rechten Ende zu lang? Wurde er maschinell gefertigt, oder kam er aus Übersee? Fragen, die der Autor unbeantwortet läßt.

In der Lyrik können zwei Verse aus Weltklasse Kreisklasse machen – was umgekehrt nicht leicht möglich ist –, und Ringelnatz erweist sich auch hierin als der beinahe-komische Beinahe-Dichter, als der er allerdings wie kein zweiter zu unterhalten versteht.

Sorry, the comment form is closed at this time.